Unsere Arbeitswelt im Wandel kann Führungskräfte ziemlich herausfordern. Jeden Tag sollen sie sich auf neue Anforderungen einstellen. Gleichzeitig sollen sie ihr fachliches Know-how und ihre Skills ausbauen, um in diesen dynamischen Zeiten bestehen zu können. Ständig alle Teller in der Luft – das gelingt weder jungen Aufsteigern noch alten Hasen immer gut. Doch Scheitern ist gerade im Führungsumfeld immer noch stigmatisiert. Umso wichtiger ist es, kompetent damit umzugehen und daraus die Erkenntnis und die Kraft für sich zu ziehen, die es für einen Neustart braucht.
In einer komplexen Arbeitswelt, die hohe Agilität, Flexibilität und Innovationskraft verlangt, ist Führen mit Vertrauen und Empowerment angesagt: Führungskräfte sollen ihre Mitarbeiter bestmöglich unterstützen und fördern. Sie sollen ihnen Verantwortung übertragen und gemeinsam mit ihnen Fahrt aufnehmen. Wenn sie jedoch den Anspruch haben, die steigende Komplexität beherrschen zu wollen, um Fehler zu vermeiden – ist das zum Scheitern verurteilt. Vielmehr gilt es zu lernen, Entscheidungen auch unter Unsicherheit zu treffen, um das Unerwartete besser managen zu können.
Führungskräfte sollen möglichst keine Fehler unterlaufen, obwohl gerade das sie menschlich macht. Es mag zwar zahlreiche Diskussionen über Fehlerkultur geben, aber weil viele Führungskräfte das so verinnerlicht haben, ist die Furcht vor dem Scheitern allzu präsent – eine Furcht, die erworbene Wertschätzung und Anerkennung zu verlieren. Entsprechend hoch hängt der Korb. Selbst kleinste Abweichungen vom gesteckten Ziel werden dann schon als „Scheitern“ bewertet.
Viele Führungskräfte sind emotional meist sehr betroffen, wenn sie einmal versagt haben. Oft ernten sie aus ihrem Umfeld Spott und Häme. Dann schämen sie sich und befürchten, hinter der Konkurrenz zurückzubleiben. So kann eine Versagensangst entstehen, zukünftigen Erwartungen nicht gerecht zu werden.
Diese Angst lähmt und kann entscheidungs- und handlungsunfähig machen. Das hat Folgen: Auch Mitarbeiter ducken sich ängstlich weg und trauen sich immer weniger, Verantwortung zu übernehmen. Jedoch der stetige Versuch, Niederlagen zu vermeiden, ist äußerst anstrengend. Er leugnet auch die Tatsache, dass wirklicher Erfolg erst aus dem Lernprozess möglich wird, der auf das Scheitern folgt.
Es gilt in der Situation, Mitgefühl für sich zu entwickeln, sich seiner selbst bewusst zu werden. Dass Scheitern im Leben vorkommt und Fehler machen menschlich ist, wissen die meisten Menschen auf der intellektuellen Ebene. Die Herausforderung ist jedoch, mit sich selbst in Berührung zu kommen und sich sachlich und emotional von aufkommenden Ängsten und Schuldgefühlen zu lösen. Dennoch gelingt es nicht immer, Gutes im Scheitern zu sehen, wenn man involviert ist. Scheitern muss gut verarbeitet werden – und das braucht (Aus-)Zeit, Neugier und den Mut zur Selbstreflexion. Dinge, die viele Führungskräfte nicht tun. Das bedeutet:
Erst wenn die emotionale Akzeptanz der Situation erreicht ist, kann man sich nachhaltig repositionieren und für neue Projekte öffnen. Dazu gehört auch, künftig Risiken vorauszusetzen und Scheitern mit einzukalkulieren.
Eine wichtige Rolle spielt dabei auch die Unternehmenskultur – eine Kultur, die anerkennt, dass Fortschritt nur möglich ist, wenn man Scheitern Raum gibt und Misserfolg erlaubt. Mit einem Arbeitssklima, das Niederlagen auch als Lernchance sieht, steht und fällt die Qualität einer Führungskraft: ob sie risiko- und entscheidungsfreudig ist und Veränderungen durchsetzt.
Es braucht Zeit, um sich nach einem Scheitern zu repositionieren. Geben Sie sich die Zeit, die Sie brauchen. Wer erfolgreich gescheitert ist, kann eine bessere Führungskraft sein. Diese Erfahrung macht einen Menschen reich und reif.
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