Transformation stagniert oft, weil es Menschen im Unternehmen schwerfällt, Altbewährtes und Vertrautes loszulassen. Ihre Haltung ermöglicht ihnen nicht, Wandel zuzulassen und Entwicklung und Wachstum zu ermöglichen – noch nicht.
Das „Mindset“ eines Menschen, seine Denkweise, ist die Summe seiner Lebenserfahrungen. Es prägt seine Haltung und sein Handeln, das Vertrauen in sich selbst und in andere, positiv wie negativ. Auch Misserfolg und Scheitern gehören dazu, denn so lernen wir und verankern das Gelernte in unserem Gehirn. Doch jeder Mensch geht anders mit diesen Erfahrungen um.
Die US-amerikanische Sozialpsychologin Carol S. Dweck hat über die Macht von Denkweisen geforscht und die Begriffe vom „Fixed Mindset“ und vom „Growth Mindset“ geprägt: Mit einem fixen, unbeweglichen Mindset ziehen wir Nutzen aus dem, was wir kennen und somit gut können. Unser gegenwärtiger Erfolg schöpft aus gegebenen Talenten, solidem Wissen und lang erprobten Verhaltens- und Vorgehensweisen. Diese Persönlichkeitsstruktur eines Menschen ist auf Bestandssicherung ausgerichtet: Keine Fehler machen, kein Risiko eingehen – es könnte Bewährtes vielleicht gefährden.
Mit einem Growth Mindset, der Denkweise des Wachstums, sind wir dagegen auf Erkenntnisgewinn ausgerichtet. Es bringt uns dazu, uns mit dem Erreichten nicht zufriedenzugeben und auch dazu, uns über vermeintliche Inkompetenzen hinwegzusetzen: Mut zur Lücke ist dann die Devise! Herausforderungen sind ein Ansporn, Fehler werden einkalkuliert und sind dazu da, zu lernen und daran zu wachsen. Mit spielerischer Naivität und Beharrlichkeit erkunden wir so neues Terrain und sammeln mehr und mehr neue Erfahrungen.
Mit der Digitalisierung ist der Druck auf Unternehmen und ihre Mitarbeiter gewachsen, sich noch schneller neu zu erfinden, um in der Zeitenwende zu bestehen. Ein Growth Mindset kann Nährboden und Wegbereiter für den Wandel sein und wird daher gern zum Bestandteil der Unternehmenskultur gemacht. Damit sollen Mitarbeiter mehr Eigenverantwortung übernehmen und Freiräume zur Selbstentfaltung, Selbstorganisation und Angebote für ihre berufliche Weiterentwicklung nutzen. Ihre Führungskräfte sollen als Vorbilder, Vermittler und Ideentreiber die Leitplanken dafür setzen.
Verändere die Art, wie du denkst, um dein ganzes Potenzial zu entfalten, sagt Dweck. Denn nicht nur deine fachlichen Qualifikationen bestimmen darüber, ob du erfolgreich bist. Auch die persönliche Art, wie du auf die Welt zugehst und mit Wissenslücken, Herausforderungen und dem Scheitern umgehst. Das ist einfacher gesagt als getan, denn eine Neuerung geht immer auch mit Vorbehalten und Befürchtungen in der Mitarbeiterschaft einher. Deshalb reicht es nicht, nur Strukturen und Prozesse zu optimieren: Der Mensch muss mit – und das braucht Zeit!
Die Mindsets der Bewahrer sind auf Fortbestand fixiert. Sie wollen das Bestehende schützen und sind auf Sicherheit bauend festgelegt. Die Mindsets der Veränderer sind auf Fortschritt ausgerichtet. Sie wollen gestalten und lieben persönliche Freiheiten und gewisse Risiken. Beide Denkweisen sind unterschiedlich ausgeprägt in uns angelegt. Jedes für sich, das ist wichtig zu betonen, hat eine besondere Qualität und kann für ein Unternehmen von Bedeutung sein. Das gilt es zu erkennen und zu entwickeln.
Statt sich nur auf ein Menschheitsideal zu fixieren gilt es, Vielfalt in vielerlei Ausprägungen anzuerkennen und zuzulassen. Es ist jedoch auch nicht wirklich hilfreich, wenn Mitarbeiter wenig Offenheit für Neues zeigen und am Bestandsschutz „kleben“. Oder wenn Führungskräfte das Growth Mindset als Nonplusultra idealisieren und bestimmte Charaktere schablonenartig vervielfältigen möchten. Mit professioneller Unterstützung kann man dann hinterfragen, ob diese Haltung zukünftig noch angemessen und tauglich ist. Das bedeutet unter Umständen auch, sein Selbstverständnis als Führungskraft und Mitarbeiter zu überdenken.
Hier zeigen sich echte Führungsqualitäten: Empathie besitzen, eine wertschätzende Haltung und Fähigkeit zum Perspektivenwechsel haben, um so unterschiedliche Denk- und Verhaltensmuster zu verstehen.
Die Unternehmenskultur kann eine große Rolle im Sinne des Growth Mindsets spielen: Neues wagen, gemeinsam lernen und Wissen und Erfahrungen teilen. Fortschritt ist nur möglich, wenn man die Menschen im Unternehmen in ihrer ganzen Persönlichkeit wahrnimmt, sie fördert und ihnen auch Raum und Zeit für ihre Entwicklung gibt. Dafür braucht es das entsprechende Wachstumsmilieu.
Was jedoch, wenn sich Mitarbeiter auf Veränderungen nicht einlassen können? Um einen Haltungswandel anzuregen und alle Menschen im Veränderungsprozess mitzunehmen, kann ein Coach als Sparringspartner bestärkende Impulse setzen. Er kann Führungskräfte und Teams dabei unterstützen, festgefahrene Denk- und Verhaltensmuster zu reflektieren und auch die individuelle Wandlungskompetenz zu stärken.