Gib dir die Erlaubnis, dein Leben zu leben

Gegen Widerstände das Alte loslassen

Manchen Menschen fällt es schwer, für ihre Wünsche und Bedürfnisse einzustehen. Sie glauben, sich dafür rechtfertigen zu müssen – vor anderen und vor sich selbst. Was bedeutet es aber, einfach sein Ding zu machen – etwas zu tun oder zu lassen, für sich zu sorgen? Die Reflexion darüber kann ein erster Schritt zu einem Lebens- und Berufsweg sein, der mehr Erfüllung verspricht.

Unsere Arbeitswelt ist geprägt vom Drang nach immer mehr Leistung und Erfolg. Angesichts hoher gesellschaftlicher Erwartungen fällt es vielen schwer, loszulassen, sich Auszeiten zu nehmen oder gar ganz auszusteigen. „Ich arbeite, bis ich in die Kiste springe!“ – vor allem die tief im Arbeitsleben verwurzelte Generation der Babyboomer fühlt sich geradezu verpflichtet, bis zum letzten Atemzug im Job durchzuhalten. Der Glaubenssatz „Wer rastet, der rostet“ spielt da sicher auch mit hinein.

Und gerade diese Generation wundert sich nun auf dem Weg in den Ruhestand darüber, dass die Jüngeren hier anders denken. Kein Wunder, denn diese haben von ihren Eltern und Großeltern gelernt, dass pausenloses Schuften zu Burnout und einem Verlust an Lebensqualität führen können. Entsprechend legen sie heute mehr Wert auf Ausgewogenheit und auf die Freiheit, eigene Wege zu gehen – auch wenn das vielleicht bedeutet, traditionelle Karrierepfade zu verlassen.

Selbstbestimmung heißt auch, sich das Hier und Jetzt bewusst zu machen und danach zu leben.

Denn Zeit ist endlich. Das wird nicht nur Menschen in der zweiten Lebenshälfte bewusst. Auch junge Menschen erfahren bereits die Endlichkeit ihres Lebens angesichts globaler Herausforderungen wie dem Klimawandel oder geopolitischen Konflikten. Solche Bedrohungen führen zu einem anderen Bewusstsein – und zu anderen Prioritäten: Sie wollen sich nicht wie ihre Eltern krumm machen. Für sie fühlt sich das wie Scheitern an – am Leben selbst.

Doch genau hier liegt die Schwierigkeit: Wir geben uns selbst oft nicht die Erlaubnis, unsere Lebenszeit nach unseren Bedürfnissen und Prioritäten zu gestalten. Das kann dann bedeuten, dass wir „bis zum Umfallen“ am Job festhalten, auch wenn er uns längst keine Freude mehr bereitet. Es könnte jedoch auch bedeuten, einfach früher in Rente zu gehen, eine Auszeit zu nehmen oder sich ganz neu zu orientieren – kurz: auch gegen Widerstände mögliche Alternativen zu prüfen.

Sich die Freiheit zu nehmen, etwas zu tun, weil man es will, und etwas zu lassen, weil es notwendig ist, erfordert Mut und Entschlossenheit. Es ist Ausdruck davon, „selbst“ und „bestimmend“ für sich zu sorgen. Die Konsequenz ist eine neue Haltung, jederzeit neu anfangen zu „dürfen“, einen Kurs korrigieren zu „dürfen“, etwas sein lassen zu „dürfen“.

Gründe zum Aufhören – und die Freiheit, keine Gründe haben zu müssen

Menschen haben gute Gründe, ihr Leben zu ändern. Sei es, um die berufliche Karriere zu beenden, einen ungesunden Lebensstil aufzugeben oder eine erholsame Auszeit zu nehmen. Gründe wie Krankheit, Stress, Burnout oder familiäre Verpflichtungen sind häufig und vor allem gesellschaftlich akzeptiert. Sie bieten eine rationale Erklärung, die es erleichtert, solche Entscheidungen zu treffen.

Was aber, wenn es keine zwingenden Gründe gibt? Was, wenn der Wunsch aufzuhören einfach aus dem Bedürfnis nach persönlichem Wohlbefinden entspringt? Hier liegt eine neue Freiheit verborgen: die Freiheit, keine Gründe haben zu müssen. Sie bedeutet, Entscheidungen zu treffen, die nicht von äußeren Notwendigkeiten diktiert werden, sondern allein vom Wunsch nach einem erfüllten Leben.

Für viele ist es eine Herausforderung, sich dies zu nehmen. Echte Freiheit beginnt jedoch dort, wo man sich erlaubt, seinen Weg auch ohne „gute Gründe“ (das heißt, die gesellschaftlich akzeptierten Gründe) zu ändern und vermeintliche Zwänge loszulassen. Es geht darum, sich die Erlaubnis zu geben, die eigenen Wünsche als ausreichenden Grund zu akzeptieren.

Go with the Flow – Vertrauen in den Prozess haben

Die Freiheit, keine Gründe haben zu müssen, kann befreiend und beängstigend zugleich sein. Sie fordert uns heraus, uns von den Erwartungen anderer zu lösen und die volle Verantwortung für unser Leben zu übernehmen. In einer Gesellschaft, die Rationalität und Rechtfertigung in den Vordergrund stellt, braucht es Mut, sich selbst eine Wichtigkeit zu geben. Es ist völlig in Ordnung, keinen festen Plan zu haben und das Nichtstun genießen zu können. Diese Haltung erfordert jedoch Vertrauen – in sich selbst und in den natürlichen Lauf des Lebens.

Unsicherheiten sind dabei unvermeidlich, doch sie können bewältigt werden, indem man lernt, den eigenen Entscheidungen zu vertrauen. Die Fähigkeit, Ambivalenzen zu tolerieren und gleichzeitig die innere Zuversicht zu stärken, ist entscheidend, um den eigenen Weg mit Selbstsicherheit zu gehen. Manchmal genügt es, auf das eigene Bauchgefühl zu hören und darauf zu vertrauen, dass sich die Dinge fügen werden.


Sich selbst die Erlaubnis zu geben, auszusteigen, einfach nichts zu tun, kann ein entscheidender Schritt in der persönlichen Entwicklung sein. Dieser Schritt bedeutet, einen Wendepunkt für sein Leben einzuleiten, die Verantwortung für das eigene Glück zu übernehmen und sich von Erwartungen zu lösen.