Menschen gründen Existenzen, um ihren Leidenschaften nachzugehen, ihre Visionen zu verwirklichen und unabhängiger zu werden. Umso schlimmer ist es, wenn sie mit ihrem Vorhaben nicht erfolgreich sind. Wie damit umgehen: mit der Scham, gescheitert zu sein?
Sich voll und ganz auf ein Herzensthema oder eine Geschäftsidee konzentrieren. Das erworbene Know-how nun im eigenen Unternehmen und für die eigenen Ziele einsetzen. Mehr persönliche Entscheidungsfreiheit gewinnen. Ob als Solo-Selbstständige, Startups, Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer von kleinen und mittleren Unternehmen: Es gibt viele gute Gründe, sich selbstständig zu machen. Häufig ist es der Wunsch nach mehr Unabhängigkeit und Selbstbestimmung außerhalb eines Angestelltenverhältnisses.
In den Medien wird gern über erfolgreiche Gründerinnen und Gründer berichtet und deren sehr plakativen „Success Stories“. Dass auch sie auf ihrem Weg oft drastisch gescheitert sind, darüber ist eher seltener zu lesen. Sicher ist es auch ein Indiz dafür, dass wirtschaftliches und gleichwohl gefühlt persönliches Scheitern immer noch mit Scham behaftet ist – etwas, das niemand gern erlebt. So sehen sich viele veranlasst, abzuwiegeln, also das Ereignis des Scheiterns zu verharmlosen und möglichst schnell wieder ungeschehen zu machen.
Warum gründet jemand und scheitert dann? Waren die Voraussetzungen nicht ideal? Stimmte die Motivation nicht? Oder war alles nicht ausreichend wirtschaftlich durchdacht? Es gibt viele Gründe, warum der Traum von der Selbstständigkeit wieder platzen kann. Manche wollen „jetzt oder nie“ gründen, setzen deshalb mit großem Risiko alles auf eine Karte und starten übereilt durch – sind auf die vielseitigen Herausforderungen in einer Selbstständigkeit kaum vorbereitet. Sie kommen vielleicht aus einem Angestelltenverhältnis bzw. aus einer Kündigungssituation und müssen unternehmerisches Denken erst noch für sich entdecken. Hier weitere typische Gründe, warum die Selbstständigkeit oft nicht wie erwartet gelingt:
Viele unterschätzen, was es heißt, für alles einzig und allein zuständig zu sein. Der Wechsel vom Kollegenkreis zum Einzelkämpfer kann zu einem Gefühl von Einsamkeit führen, da betriebliche Strukturen wie der gemeinsame Arbeitsplatz, die Teeküche und der regelmäßige Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen fehlen. Telefon, E-Mail und Webkonferenzen bieten zwar Möglichkeiten zum Austausch, ersetzen aber nicht die persönliche Interaktion.
Solche Belastungen, die mit dem Alleinsein und ständigem Multitasking einhergehen, können überfordern. Wenn man keine klaren Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben zieht, besteht zudem das Risiko, dass Arbeit zur Obsession wird. Man arbeitet „vor Freude“ übermäßig viel, oft bis spät in die Nacht und am Wochenende, und vernachlässigt darüber Erholung und Urlaub. Dies kann zu gesundheitlichen Problemen führen, die schließlich keine andere Wahl mehr lassen, als aufzugeben.
Es ist nicht leicht, mit gescheiterten Träumen umzugehen, vor allem, wenn das persönliche Umfeld noch mit „Siehste – habe ich ja gewusst!“ reagiert. Man schämt sich, eigene und fremde Erwartungen auf ganzer Linie enttäuscht zu haben und nun als Versager zu gelten. Es gilt jedoch, den Aktionismus unbedingt zu vermeiden, diesen „Fehler“ sofort vertuschen zu wollen. Stattdessen sollte man an diesem Punkt innehalten und sich Zeit und Raum zum Nachdenken nehmen.
Wichtig ist ein offener Umgang mit der Scham: Es empfiehlt sich, sich mit Menschen zu umgeben, die wirklich hilfreich, verständnisvoll und ermutigend sind, und sich auch in Netzwerken auszutauschen. Auch in Deutschland gibt es Events wie die „Fuckup-Nights“, wo Gründer ihr Scheitern regelrecht öffentlich feiern und über die Hintergründe berichten. Aus ihren Fehlern kann man lernen und für sich Lösungen für die Zeit danach ableiten.
Hilfreich ist auch, sich mit den Biografien erfolgreicher Personen zu beschäftigen und zu erkennen, wie oft und warum sie gescheitert sind. Das kann helfen, die eigenen Erfahrungen als Bereicherung zu sehen und „Stellschrauben“ des Erfolgs zu verstehen. Ein gescheiterter Versuch kann letztlich immer auch der Ausgangspunkt für einen neuen, besseren Anlauf sein, vielleicht auch mit professioneller Unterstützung von außen. Er kann letztlich aber auch eine Kurskorrektur sein, beispielsweise durch die Rückkehr ins Angestelltenverhältnis.
Ich möchte Sie bestärken: Dieses Ereignis stellt lediglich einen Meilenstein in Ihrer beruflichen Entwicklung dar, der große Anerkennung verdient. Ihre Entschlossenheit, es überhaupt versucht zu haben, zeugt von großem Mut. Anstatt sich mit dem Gedanken zu quälen, was hätte sein können, sollten Sie nun Ihre eigene Courage würdigen und das Erlebte als wichtigen Beitrag zu Ihrem persönlichen Wachstum betrachten.
Rückschläge gehören zum unternehmerischen Weg. Sie ermöglichen Ihnen, den Umgang mit Unsicherheiten und Risiken zu lernen und widerstandsfähiger gegenüber Hindernissen zu werden. Zahlreiche erfolgreiche Unternehmerinnen und Unternehmer haben Niederlagen erlebt, bevor ihnen der Durchbruch gelang. Das Scheitern birgt immer auch den Wert einer kostbaren Lernerfahrung!
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